Die Grundsätze des fairen Wettbewerbs müssen auch von Vermietern berücksichtigt werden, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Flächen an verschiedene Unternehmer vermieten, wie das beispielweise in Einkaufszentren der Fall ist. Die Gleichbehandlung der Vertragspartner erfordert es, die Verträge mit Mietern derart zu gestalten und die Kosten so abzurechnen, dass einige von ihnen nicht bevorzugt und andere nicht benachteiligt werden.
Das Modell zur Abrechnung von Betriebskosten
Als unlauter kann das Modell der Abrechnung von Betriebskosten angesehen werden, bei dem der Mieter verpflichtet ist, diese Kosten nicht nur verhältnismäßig zu der Fläche seines Mietraums im Vergleich zur gesamten Mietfläche zu tragen, sondern bei dem diese Kosten um den Betrag erhöht werden, der sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich zu tragenden Kosten und den von den Leitkunden (sog. anchor tenants) gezahlten Gebühren zusammensetzt. Bei „anchor tenants“ handelt es sich um diejenige Mieter, die aufgrund der Tatsache, dass sie Kunden in das Einkaufszentrum locken sollen, nicht nur in Bezug auf die Miethöhe oder Mietdauer, sondern auch in Bezug auf die Beteiligung an den gemeinsamen Kosten Vorzugskonditionen genießen.
Das Gerichtsurteil bezüglich der gleichberechtigten Behandlung des Mieters
Die Frage des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf einen Mieter, der nicht zu den Leitkunden gehörte, sowie der Art und Weise des Ersatzes des von ihm erlittenen Schaden war Gegenstand des Urteils des Obersten Gerichts vom 28. Oktober 2022 in der Sache II CSKP 456/22. Das Oberste Gericht hat das frühere Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.
Das Oberste Gericht hielt als unbestritten, dass die oben beschriebene unterschiedliche Belastung der Mieter im Einkaufszentrum mit Betriebskosten, die in einer sachlich ungerechtfertigter unterschiedlichen Behandlung bestimmter Kunden besteht, als eine unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zu qualifizieren ist.
Laut dieser Vorschrift stellt die Erschwerung des Marktzugangs für Unternehmer durch eine sachlich ungerechtfertigte, unterschiedliche Behandlung einiger Kunden eine unlautere Wettbewerbshandlung dar.
Im geschilderten Fall wurde dem Mieter ein Teil der Betriebskosten in Rechnung gestellt, die bei der gerechten und nach einem vorher bekannten, objektiven Kriterium vorgenommenen Aufteilung auf einzelne Mieter von anderen Mietern getragen werden sollen.
Die Frage, die von dem Obersten Gerichts anders als von den Gerichten der früheren Instanzen beurteilt wurde, war die Begründetheit des Schadensersatzanspruchs der Mieters, darunter die Auswirkung der dem Mieter von dem Vermieter gewährten Mietminderungen auf die Höhe des Schadensersatzes für die unlautere Wettbewerbshandlung.
Ansprüche auf Schadensersatz
Die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Schadensersatz bei unlauteren Wettbewerbshandlungen ist Art. 18 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlautere Wettbewerbs. Dieser Anspruch unterliegt jedoch den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen.
Urteil des Obersten Gerichts: Ist eine ungleiche Belastung mit Kosten eine unlautere Wettbewerbshandlung?
Das Oberste Gericht wies darauf hin, dass die Schadensersatzpflicht innerhalb der Grenzen des adäquatem Kausalzusammenhangs die Schäden umfasst, die der Geschädigte erlitten hat und die Vorteile, die er hätte erzielen können, wenn ihm der Schaden nicht zugefügt worden wäre. Die analysierte unlautere Wettbewerbshandlung, die mit der ungleichen – ohne hinreichende Begründung für solche Differenzierung – Behandlung von Kunden erfordert die Festlegung eines Referenzniveaus der „Gleichbehandlung“. Dies wiederum soll für alle Vertragspartner vergleichbar sein.
Eine Voraussetzung für die Anwendung des Grundsatzes der compensatio lucri cum damno, das heißt des Ausgleichs der Vorteile und Schaden, ist die Identität des Ereignisses, das die Quelle von Schaden und Vorteile ist. Das schädigende Ereignis muss daher eine notwendige Voraussetzung für die Erlangung eines Vorteils durch den Geschädigten sein. Im Falle der Ungleichbehandlung des Mieters wird als Quelle des Schadens diese unlautere Wettbewerbshandlung angesehen, die darin besteht, dass dem Kläger überhöhte Betriebskosten bei gleichzeitiger Kostenbefreiung einiger Mietern in Rechnung gestellt wurden.
Alle anderen zusätzlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien in Bezug auf die Höhe der Miete (im beschriebenen Fall gewährte der Vermieter dem Mieter Rabatte auf die Höhe der Miete im Rahmen des Mietverhältnisses) können nicht als das mit der oben genannten unlauteren Wettbewerbshandlung identische Ereignis eingestuft werden. Das Oberste Gericht betonte daher, dass der Grundsatz des Ausgleichs von Vorteilen und Schäden nicht angewandt werden kann, wenn die Voraussetzung der Identität des Ereignisses (d.h. wenn der Vorteil und der Schaden aus verschiedenen Ereignissen resultieren) nicht erfüllt ist.
Darüber hinaus wies das Oberste Gericht auf die Zulässigkeit der Häufung der Ansprüche auf Schadensersatz und auf Herausgabe unterechtfertigt erlangter Vorteile nach den Vorschriften über die unterechtfertigte Bereicherung hin. Dies ergibt sich aus dem Art. 414 des Zivilgesetzbuchs, nach dem die Vorschriften des Kapitels über die ungerechtfertigte Bereicherung die Bestimmungen über den Schadensersatzpflicht unberührt lassen. Von daher kann der Unternehmer, die infolge einer unlauteren Wettbewerbshandlung einen Schaden erlitten hat, sowohl Schadensersatz als aus Heraushabe der ungerechtfertigt erlangten Vorteile verlangen.
Die Mietminderungen und die Verarmung des Mieters
Dabei ist es wichtig, dass im vorliegenden Fall das Oberste Gericht der Auffassung war, dass die Gewährung der Mietminderungen an den Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses die Entreicherung des Mieters infolge einer unlauteren Wettbewerbshandlung aus Art. 15 Abs. 1 Nr. 4 des poln. UWG nicht ausschließt. Die unbegründete Auferlegung überhöhter Betriebskosten führt nämlich zur Minderung des Vermögens des Mieters und zur gleichzeitigen Bereicherung des Vermieters.